Versöhnungsarbeit

Fragen des Friedens und der Versöhnung sind für die kirchliche Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit von zentraler Bedeutung. Der BDKJ möchte auf dieser Seite über Angebote in der internationalen Jugendarbeit informieren, die sich mit der Versöhnungsarbeit beschäftigen.

Gemeinsam mit ihrer Partnerorganisation Obnova (griechisch-katholische Studierendenorganisation in  der Ukraine) hat die BDKJ-Bundesstelle den vor einigen Jahre begonnenen Dialog auf virtueller Ebene fortgesetzt und vertieft.

In einem mehrteiligen Online-Seminar im November 2020 konnten sich die Mitglieder von Obnova aus verscheidenen Ortsverbänden dabei gegenseitig kennenlernen und Möglichkeiten der Kooperation - auch auf internationaler Ebene - ausloten. Ein weiterer Schwerpunkt war die Einführung in die Erinnerungsarbeit in der Jugendverbandsarbeit. Um einen persönlichen Zugang zu ermöglichen, gestalteten die Teilnehmenden über ein Padlet ihren persönlichen Jahresrückblick auf das Jahr 2020. Damit sollte ein Verständnis von Erinnerungsarbeit vermittelt und entsprechende Projektideen in der internationalen Jugendarbeit angeregt werden. Ausgehend vom Beitrag einer ukrainischen Expertin über das kulturelle Gedächtnis im Zweiten Weltkrieg wurden spannende Diskussionen geführt.

Von der Online-Veranstaltung gingen auch Impulse für eine Teambuilding-Maßnahme im Leitungsteam von Obnova aus, um Ressourcen zur Konfliktlösung zu stärken. Außerdem wurden in der Folge Videos zum Thema Erinnerungskultur erstellt, um möglichst viel Menschen, insbesondere Jugendliche für die Bedeutung von Erinnerungsarbeit zu sensibilisieren. Viele Teilnehmenden setzten sich im Projekt zum ersten Mal mit Themen der Erinnerungsarbeit auseinander. Ein wesentlicher Lerneffekt war, sie für die Thematik und deren Bedeutung für Versöhnungsprozesse in der ukrainischen Gesellschaft zu sensibilisieren sowie erste Projektideen anzustoßen.

Als Dokumentation des deutsch-ukrainischen Projektes ist die Broschüre "Bilaterale Bildungsarbeit in pandemischen Zeiten: Formen und Methoden der digitalen Erinnerungsarbeit" erschienen. Sie steht auf Deutsch und Ukrainisch kostenlos zum Download bereit.

Das Projekt wurde gefördert aus Mitteln des Auswärtigen Amtes, Renovabis und dem Katholischen Fonds.

„Dealing with the aftermath of communism. Working for the future of Europe"

Text: Johannes Münch

Wie soll man mit den Nachwirkungen des Kommunismus umgehen und was bedeutet dies für die Zukunft von Europa? Zu diesem Thema fand vom 27. August bis 01. September 2018 ein Summercamp des Museums Spaç, der Maximilian-Kolbe-Stiftung und Renovabis in Albanien statt. Teilnehmer*innen waren junge Erwachsene zwischen 20 und 27 Jahren aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks - aus der Ukraine, Albanien, Bulgarien, Polen - und Deutschland. Für den BDKJ waren zwei Jugendverbandler*innen aus der KjG vertreten. Begleitet wurden die Teilnehmer*innen unter anderem von dem Erzbischof von Bamberg Dr. Ludwig Schick und Dr. Jörg Lüer und Paulis Apinis von der Maximilian-Kolbe-Stiftung.

Nach einem gemeinsamen Start in der Hauptstadt Tirana und einem gemeinsamen Kennenlernen fanden die nächsten Tage im ehemaligen kommunistischen Gefängnis Spaç statt, das sich abgelegen in den Bergen Albaniens befindet. Dort wurden die Gefangenen ohne einen Rechtsgrund, ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren und ohne Zugeständnis von Menschenrechten aus ideologischen Beweggründen oftmals über Jahre gefangen gehalten und zur Zwangsarbeit im Auftrag des albanischen Staates in den umliegenden Minen gezwungen. Das Interesse des Staates an dem Erhalt des Gefängnisses als Gedenkort und der Aufarbeitung der kommunistischen Geschichte dürfte, vorsichtig formuliert, als sehr gering bezeichnet werden. So ist das Gefängnis seit dem Kollaps des Kommunismus in Albanien 1991 dem Verfall überlassen und seit mehreren Jahren fördert eine türkische Minencompanie wieder in den Bergen um das Gefängnis, weshalb heute z. B. nicht mehr die Grenzzäune des Gefängnisses existieren und ein Erhalt des Gefängnisses nur Dank privater Personen und Organisationen möglich ist. In deren Händen liegen seitdem auch der Erhalt und die Pflege des Geländes des Gefängnisses.

Begleitet wurden die Teilnehmer*innen vor Ort von drei Zeitzeugen und ehemaligen Gefangenen des Gefängnisses, die in Gesprächen mit den einzelnen Teilnehmer*innen und in der Gruppe von ihrer Zeit während und nach der Gefangenschaft teilhaben ließen und die Führung durch das Gefängnis und die Umgebung übernahmen. Um ein Zeichen der Erinnerung und des Nicht-Vergessens der Geschichte dieses Ortes zu setzten, führten die Teilnehmer*innen eine Aufräumaktion um und auf dem Gelände durch. Sie entfernten große Teile des Gestrüpps, welche mittlerweile den Erhalt der ehemaligen Bauten des Gefängnisses bedrohen. Für ein weiteres Zeichen des stummen Gedenkens an die Opfer des Gefängnisses gingen die Teilnehmer*innen gemeinsam mit den ehemaligen Gefangenen einen Teil des sieben Kilometer langen Weges vom Gefängnis zurück ins Tal. Ein Weg, den die Angehörigen der Gefangenen zu Fuß gehen mussten, um überlebenswichtige Lebensmittel zu den Gefangenen bringen zu können.

Weitere Inhalte der Seminare vor Ort waren auch Diskussionen über den heutigen Umgang der albanischen Regierung mit der Erinnerung an die Zeit des Kommunismus, der Austausch über den Umgang anderer Länder mit dieser Zeit und die verschiedene Erinnerungskulturen, die Lage der Jugend in Albanien und wie die Zukunft des Gefängnisses aussieht. Zum Ende des Sommercamps ging es noch für einen Tag in die Stadt Shkodra im Norden Albaniens. Die Teilnehmer*innen besuchten unter anderem das dortige Diözesanmuseum, das sich auch mit der Zeit des Kommunismus und der Verfolgung von Priestern befasst.

Die Geschichte des Gefängnisses Spaç zeigt, wie wichtig es ist, sich mit der Vergangenheit des Kommunismus in Albanien und Europa zu beschäftigen und nicht zuzulassen, dass diese zusammen mit anderen Erinnerungsorten der Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit in Vergessenheit geraten. Bis heute sind die Verbrechen besonders unter der Regierung Enver Hoxha nicht aufgearbeitet und somit eine Wiedergutmachung der ehemaligen politischen Gefangenen nicht angegangen. Die Resignation und Verbitterung der Menschen ist groß, eine wirkliche Aussöhnung in naher Zukunft nicht zu erwarten. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass sich junge Menschen mit der Geschichte solcher Orte beschäftigen und miteinander ins Gespräch kommen, um einen Prozess der Aussöhnung anzustoßen und eine friedliche Zukunft für Europa zu ermöglichen.
 

Eine Sammlung weiterer Berichte und des Programms finden sich auf der Internetseite der Maximilian-Kolbe-Stiftung unter http://www.maximilian-kolbe-stiftung.de/de/aktivitaeten.

Eine Teilnehmerin des Sommercamps hat ein kurzes Video mit dem Titel „The former communist prison in Spaç ALBANIA #2 - Globe in the Hat“ über das Gefängnis Spaç veröffentlicht, das während der Zeit des Summer Camps gedreht und entstanden ist. URL: https://youtu.be/k6w3DL-oKUE

Kontakt

Marta Wyspiańska

Referentin für internationale Jugendarbeit
Tel. 030 / 288 789 557
wyspianska[at]bdkj.de

Andreas Schmitz

Sekretariat Bundesstelle Düsseldorf
Tel. 02 11 / 46 93 - 165
aschmitz[at]bdkj.de