Geschichte des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend

Wurzeln

Jugendverbandsarbeit hat in Deutschland Tradition. Bereits Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden verschiedene Verbände gegründet, die teilweise noch heute bestehen und Mitglieder des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sind. Dazu zählen die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) oder der Heliand (KSJ – Heliand). Den beiden größten deutschen Jugendverbänden in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, der Katholische Jungmännerverband Deutschlands (KJMVD) und der Zentralverband der Jungfrauenvereinigungen, folgten nach dem Zweiten Weltkrieg die BDKJ-Gliedgemeinschaften Mannes- bzw. Frauenjugend, die sich 1970 zur Katholischen Jungen Gemeinde (KjG) zusammenschlossen.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden alle Jugendverbände verboten. Die deutschen Bischöfe bestimmten 1936 deshalb erstmals eine Jugendbischof, d.h. die Jugendarbeit fiel nun den Bistümern und damit Pfarreien zu. Die Arbeit wurde so gut es ging unter dem Dach der Pfarrgemeinden fortgeführt, und die Jugendlichen hielten die Kontakte untereinander. Auch der Zweite Weltkrieg vermochte die Verbindungen nicht zu zerstören. Der Ruf „Es lebe Christus in deutscher Jugend“ blieb lebendig.


Katholische Jugendarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg

An Bestehendem anknüpfen und Neues schaffen – so lässt sich die Situation der katholischen Jugendarbeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges charakterisieren. Sobald wie möglich nahmen die verschiedenen Verbände ihre Arbeit wieder auf. In Altenberg begann die Hauptstelle für Jugendseelsorge im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz ihren Dienst. Ihr fiel die schwierige Aufgabe zu, die Vorstellungen der Bischöfe mit denen der Verbände zusammenzuführen. Schließlich wurde im März 1947 in Hardehausen der BDKJ als „Einheit in Vielfalt“ gegründet. Neu war vor allem, dass im BDKJ Jungen und Mädchen gemeinsam organisiert waren. Dennoch blieb eine gewisse Geschlechtertrennung erhalten: Mannes- und Frauenjugend hatten jeweils bis in die 1980er Jahre einen eigenen Präses und eine eigene Vorsitzende bzw. Vorsitzenden.
Zum gemeinsamen Zeichen der katholischen Jugend Deutschlands wurde bereits 1946 das Christusbanner erhoben, das in dieser Form 1928 vom KJMVD eingeführt worden war.


Der BDKJ in den Wirtschaftswunderjahren

In den ersten Nachkriegsjahren erlebte die katholische Jugendarbeit in Westdeutschland eine Blütezeit. Nach den Jahren der Diktatur und des Krieges konnte der christliche Glaube wieder offen gelebt werden. Außerdem gab es zahlreiche Freizeitangebote, die zunächst konkurrenzlos waren. Kontakt zu den Mitgliedern wurde mit eigenen Zeitschriften wie zum Beispiel „Die Wacht“ gehalten. Als Zentralstelle entstand 1954 das Jugendhaus Düsseldorf wieder, das bis 1939 Verbandszentrale des KJMVD gewesen war.
Den staatlichen und wirtschaftlichen Aufbau Deutschlands begleitete die katholische Jugend durch den BDKJ kritisch-konstruktiv und versuchte ihre Vorstellungen einzubringen. Daher en-gagierte sie sich maßgeblich im Deutschen Bundesring (DBJR) und nahm rege beispielsweise an den Diskussionen um die Gründung der Bundeswehr oder den Ost-West-Konflikt teil. Der BDKJ legte dabei stets ein klares Bekenntnis zur Bundesrepublik und der westlichen Demokratie ab. Zeichen dafür ist die Bundesfahne des BDKJ, die 1954 auf dem Bundesfest in Dortmund geweiht wurde: auf der einen Seite sind die Symbole der vier Evangelisten zu sehen, auf der anderen der Bundesadler und die Farben schwarz-rot-gold.
Auch wenn viele katholische Jugendliche in Opposition zur NS-Diktatur gestanden und unter ihr gelitten hatten, so stand die katholische Jugend nach dem Krieg zu der Verantwortung der Deutschen für die in ihrem Namen begangenen Verbrechen. Schon in den 1950er Jahren begann sie mit der historischen Aufarbeitung jener Jahre und bereitete damit den Weg zum heutigen Einsatz gegen Rechtsextremismus und Rassismus.


Dom und Haus Altenberg

Spirituelles Zentrum des BDKJ wurde Altenberg. Damit knüpfte er an eine Tradition des KJMVD an, der Haus Altenberg ab 1922 als Erholungs- und Bildungsstätte genutzt hatte. Im Dom brannte vor dem Zweiten Weltkrieg das „Altenberg Lichtopfer“, dass alle KJMVD-Gruppen finanzierten. In den 1950er und 1960er Jahren wurde das Altenberger Licht als Zeichen des Friedens und der Versöhnung ausgesandt. Nachdem in den 1960er Jahren diese Lichtstafette eingestellt wurde, wurde sie 1980 wiederbelebt und seither fortgeführt.
Altenberg gilt als „Herz des Bundes“, so dass an diesem Ort bis heute wenn möglich die BDKJ-Hauptversammlung stattfindet.


Soziales Engagement

Hilfe für Notleidende sah der BDKJ schon früh als seine Aufgabe an. Dies galt für Deutschland ebenso wie für die Welt. So gab es in den 1950er Jahren Aufrufe, Kommunionkinder in der Diaspora oder Familien in den deutschen Flüchtlingslagern zu unterstützen. Im „Jahr für die Kirche“ betreuten junge Frauen Kinder oder alte und kranke Menschen, ein Einsatz wie er heute im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) geleistet wird.
Bevor der BDKJ ab 1961 gemeinsam mit dem Päpstlichen Missionswerk der Kinder die Aktion Dreikönigssingen durchführte, rief er seine Mitglieder schon zu Hilfsaktionen für Bedürftige in aller Welt auf. Die Aktion Dreikönigssingen aber wurde schließlich zur äußerst erfolgreichen Initiative, die deutschlandweit fest in den Pfarrgemeinden verankert ist. Das Engagement für die Menschen in aller Welt steht in einer gut 100-jährigen Tradition, die mit der Errichtung eines Missionsreferates im Jugendhaus Düsseldorf 1916 ihren Anfang nahm.
Darüber hinaus liegt im BDKJ auch eine Wurzel des katholischen Hilfswerks Misereor. Neben anderen kirchlichen Organisationen war es die katholische Jugend, die dieses Hilfswerk in seinen Anfängen trug und bis heute eng mit ihm zusammenarbeitet.


Die bewegten 1960er Jahre

Die zunehmende wirtschaftliche Konsolidierung der Bundesrepublik und damit einhergehende Veränderungen in der Gesellschaft spürte der BDKJ deutlich. Die Mitgliederzahlen sanken und die zahlreichen Zeitschriften des BDKJ gerieten zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten, sodass sie, darunter auch das alte Flaggschiff „Die Wacht“, eingestellt werden mussten. Zudem traten die Mitgliedsverbände immer selbstbewusster auf, schärften ihr eigenes Profil und er-weiterten ihre Angebote. Die „Einheit in Vielfalt“ war immer schwieriger zu gestalten. Zu Beginn der 1960er Jahre flammte die Diskussion über das Verhältnis zwischen Bund und Mitgliedsverbänden mit Macht auf. Damit begann der Weg zum Dachverband heutiger Prägung.
Die 1960er Jahre stellen nicht nur in der bundesdeutschen Gesellschaft eine Zeit der Veränderungen und Brüche dar. Das Zweite Vatikanische Konzil veränderte die katholische Kirche nachhaltig. Unter reger Beteiligung des BDKJ wurden die Ergebnisse des Konzils auf der Würzburger Synode für Deutschland diskutiert. Ferner trennten sich Jugendverbände und der BDKJ von manchen Begriffen und Gepflogenheiten: So hieß der Bundesthing der DPSG ab 1968 Bundesversammlung und der BDKJ strich das Bundesgebet (Angelus) aus seiner Bundesordnung.


Katholische Jugend in Ost und West

Die Situation der Jugend in der Sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR wurde vom BDKJ stets aufmerksam verfolgt und die Mitglieder ausführlich darüber informiert. Neben der Information stand immer der Kontakt mit den jungen Katholiken jenseits der Mauer im Fokus. Der Ökumenische Kreuzweg der Jugend, der auf dem Katholikentag in Berlin 1958 seinen Anfang nahm, und der Dreifaltigkeitssonntag verbanden dabei im Gebet.
Die politisch durchaus schwierigen Reisen in die DDR wurden von einem eigenen Referat im Jugendhaus Düsseldorf betreut. Bis heute existierende Freundschaften aus jenen Jahren sind beredtes Zeugnis für diese intensive Partnerschaftsarbeit.
Die Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands, vor allem mit Polen, waren darüber hinaus ein Anliegen des BDKJ.


Einmischen

Zu politischen Ereignissen hatte der BDKJ seit seiner Gründung nicht geschwiegen. Dennoch erhielt seine politische Positionierung in den Zeiten der 68er Bewegung andere Schwerpunkte. Entwicklungspolitische Fragen sowie Gerechtigkeit und Frieden standen nun über Jahre im Mittelpunkt. So stand der Katholikentag 1982 in Düsseldorf seitens des BDKJ ganz unter dem Zeichen „Frieden“. Ferner sprach sich der BDKJ für das Wahlalter mit 18 Jahren aus und suchte ständig das Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien. Das Engagement fand aber nicht nur seinen Ausdruck in Gesprächen, Sitzungen und Demonstrationen, sondern auch ganz konkret in der Beteiligung an der Gründung der GEPA, die heute Europas größtes Fairhandelsunternehmen ist.


Mutter Kirche

Nicht nur die Frage, wie sich die katholische Jugend in politische Prozesse einbringen kann, waren Teil der Diskussion und Arbeit des BDKJ. Auch innerhalb des Verbandes galt es manches zu überdenken und –prüfen. Die Mitgliedsverbände stärkten durch die neue Bundesord-nung von 1986 ihre Position. Das Verhältnis zu den kirchlichen Jugendorganisationen, die nicht dem BDKJ angeschlossen waren, sowie zu den diözesanen Jugendämtern wurde aus-giebig thematisiert, zumal manche Bischöfe signalisierten, dass sie diese Arbeit verstärken wollten.
Einen tiefen Einschnitt brachte die Hauptversammlung 1988, in der der Bundesvorstand nach heftiger Kritik an seiner Amtsführung seine Ämter niederlegte. Erst ein Jahr später wurde ein neuer Bundesvorstand gewählt, und die Debatten innerhalb des BDKJ in die sog. Perspektiv-debatte gelenkt. Doch die Zeiten blieben turbulent. Nachdem der Bischof von Fulda eine „eigene“ Jugend gegründet und finanzielle Mittel für den BDKJ und seine Mitgliedsverbände gestrichen hatte, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit dem Fuldaer Bischof und der Deutschen Bischofskonferenz. Mit dem Solidaritätsfest in Fulda 1989 wollte der BDKJ nicht nur seine Solidarität mit den Verbänden im Bistum deutlich machen, sondern auch den Bischöfen zeigen, dass er sich als Teil der Kirche sieht. Wenn es auch zu keinem offenen Bruch kam, so blieb das Verhältnis doch geraume Zeit schwierig und angespannt.


Mauerfall und Neubeginn

In diese verbandsintern turbulenten Zeiten fiel die deutsche Wiedervereinigung, die den BDKJ auf seine Weise forderte. Die jahrzehntelang gepflegten Kontakte in den Osten Deutschlands konnten und mussten nun anders mit Leben gefüllt werden. Die Jugendverbandsarbeit in den neuen Ländern wurde Schritt für Schritt aufgebaut. So richtete beispielsweise 1991 der BDKJ in Berlin ein Büro der BDKJ-Bundesstelle ein, im gleichen Jahr wurde in Görlitz der BDKJ-Diözesanverband gegründet und 1996 startete der BDKJ eine Zukunftsoffensive mit Schwerpunkt Diaspora.
Doch obwohl sich die Aktiven in Ost und West kannten, galt es aufeinander zuzugehen und gemeinsam neue Wege zu gehen. Dabei spielte die Geschichte in den einzelnen Diözesen ebenso eine Rolle wie die unterschiedliche Situation der Katholiken in der Gesellschaft.


Erschütterung und Veränderungen

Auf der Hauptversammlung 1994 beschloss der BDKJ den „Demokratieförderplan“ und startete auf dem Dresdner Katholikentag eine Unterschriftenaktion mit der er „die volle Beteiligung von Frauen an allen kirchlichen Ämtern“ forderte. Daraufhin kam es zu großen Spannungen mit der Deutschen Bischofskonferenz, die schließlich die seit 1947 existierende Personalunion von Leitung der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz und dem Amt des BDKJ-Bundespräses aufhob. BDKJ-Bundesstelle, Arbeitsstelle für Jugendseelsorge und Jugendhaus Düsseldorf, wurden neu organisiert und neue Rechtsträger geschaffen. Trotz der Spannungen, die der Demokratieförderplan gebracht hatte, brachen Dialog und Zusammenarbeit zwischen BDKJ und Bischofskonferenz nicht ab.


Glaube, Kirche und Politik im 21. Jahrhundert

In den 1990er Jahren legte der BDKJ seine Schwerpunkte weiterhin auf die politische Tätigkeit und gleichzeitig auf seine aktive Mitarbeit in der Kirche. Neben Aktionen zu kirchlichen Großereignissen wie dem Weltjugendtag oder den Katholikentagen bzw. dem Ökumenischen Kirchentag gehören Sozialaktionen wie die 72-Stunden-Aktion oder Aufrufe zu den Wahlen in Staat und Kirche zum Alltag des BDKJ. Sexualisierte Gewalt in der Kirche sprach der BDKJ seit Beginn der 1990er Jahre ebenso immer wieder an wie die Rolle der Frau in der Kirche. Die Jugendsynode 2018 in Rom und der Synodale Weg in Deutschland begleitete und gestaltete der BDKJ soweit möglich mit. Auf staatlicher Ebene forderte er u.a. den menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten, den Ausstieg aus der Atomenergie und die Senkung des Wahlalters auf 14 Jahre. In der durch die Sars-CoV 2 ausgelöste Pandemie erhob der BDKJ seine Stimme für Kinder und Jugendliche, die besonders unter den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie litten.

Kontakt

Maria Wego Archiv des Jugendhauses Düsseldorf

Tel. 0211 / 46 93-156
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