Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den Jugendverbänden gelingt nur mit Transparenz und Kooperation

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Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den Jugendverbänden gelingt nur mit Transparenz und Kooperation

 - Stellungnahme des BDKJ-Bundesvorstands zum Fall Winfried Pilz vom 08. Juli 2022 -

Gemeinsam mit der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der DBK ist der BDKJ-Bundesverband Träger des Jugendhaus Düsseldorf e.V. In dieser Eigenschaft nehmen wir als BDKJ-Bundesvorstand zum Fall Winfried Pilz Stellung:

Wir sind schockiert, dass Winfried Pilz, der von 1977 bis 1983 als Referent für Glaubensbildung im Jugendhaus Düsseldorf tätig war, sexualisierte Gewalt ausgeübt hat. Wir denken besonders an die Betroffenen, drücken unser Mitgefühl aus und bekennen uns zu einer klaren Haltung an der Seite der Betroffenen.

Die BDKJ-Hauptversammlung hat im Mai 2022 beschlossen, wie Fälle sexualisierter Gewalt in den eigenen Strukturen aufgearbeitet werden sollen. Für diese Aufarbeitung sind die katholischen Jugendverbände auf Kooperation mit den (Erz-) Bistümern angewiesen. Wir sind unsererseits zu dieser Kooperation bereit. Wir erwarten eine solche Kooperation auch von den (Erz-) Bistümern, insbesondere durch ausreichende Transparenz und Information. Der Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vor sexualisierter Gewalt ist nur möglich, wenn Wissen geteilt wird. Eine Aufarbeitung sexualisierter Gewalt kann nur gelingen, wenn kooperiert wird.

Vor diesem Hintergrund kritisieren wir die Kommunikation des Erzbistums Köln im Fall Winfried Pilz. Der Umgang mit dem Fall zeigt erneut auf erschreckende Weise, dass Verantwortliche in der Kirche noch immer nicht mit der dringend gebotenen Transparenz agieren und die Perspektiven Betroffener sexualisierter Gewalt in inakzeptabler Weise missachten.

Zum Vorgang selbst stellen wir fest:

Am 27. Juni 2022 informierte das Erzbistum Köln den Vorstand des Jugendhaus Düsseldorf e.V., und damit auch uns, über den Fall Winfried Pilz. Zugleich wurden wir über einen geplanten Aufruf in Kenntnis gesetzt, mit dem weitere Betroffene ermutigt werden sollten, sich beim Erzbistum Köln zu melden. Bis zu diesem Tag waren uns als BDKJ-Bundesvorstand keine Vorwürfe gegenüber Winfried Pilz bekannt.

Wir haben an diesem Tag erstmals erfahren, dass in der Vergangenheit ein Missbrauchsverfahren gegen Winfried Pilz geführt wurde und sich die Vorwürfe gegen ihn bestätigt haben. Weiterhin erfuhren wir erst an diesem Tag, dass Winfried Pilz im Jahr 2014 Strafauflagen bekommen hatte.

Eine allgemeine, verdachtsunabhängige, in den letzten Jahren durchgeführte Recherche im Archiv des Jugendhauses hinsichtlich möglicher Hinweise auf sexuelle Übergriffe durch ehemalige Mitarbeiter*innen blieb ergebnislos.

Am 29. Juni 2022 hat das Erzbistum Köln öffentlich bekanntgegeben, dass es neue Vorwürfe der sexualisierten Gewalt gegenüber Winfried Pilz gibt. Weil sich Hinweise ergeben haben, dass es neben einem konkret bekannten Fall möglicherweise weitere Übergriffe gegeben haben könnte, hat das Erzbistum Köln in dieser Pressemitteilung einen öffentlichen Aufruf gestartet. Dies begrüßen wir ausdrücklich, hätten uns aber gewünscht, dass dieser Aufruf deutlich früher veröffentlicht worden wäre.

Angesichts dieses Vorgangs sehen wir als BDKJ-Bundesvorstand zum jetzigen Zeitpunkt folgende Schlussfolgerungen:

Wir unterstützen die Bitte des zuständigen Erzbistums Köln, dass weitere Übergriffe oder Hinweise im Fall Winfried Pilz an die externen Ansprechpersonen gemeldet werden können: Tatjana Siepe, Telefon 0172 290-1248, tatjana.siepe[at]erzbistum-koeln.de oder Peter Binot, Telefon 0172 290-1534, peter.binot[at]erzbistum-koeln.de. Die Meldung des Erzbistums Köln findet ihr hier: https://www.erzbistum-koeln.de/news/Erzbistum-Koeln-bittet-um-Unterstuetzung-bei-Aufklaerung-00001/

Wir werden weiterhin solidarisch an der Seite von Betroffenen sein. Wenn du selbst dich mit dem Bekanntwerden dieses Falls oder der Thematik sexualisierter Gewalt unwohl oder belastet fühlst, suche dir Unterstützung. Zum Beispiel kannst du dich hierhin wenden:

•    www.telefonseelsorge.de: Beratungen zu jeder Tages- und Nachtzeit unter den Telefonnummern 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 oder per Mail und Chat unter online.telefonseelsorge.de
•    Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch: 0800/22 55 530 oder per Online-Beratung unter https://www.hilfe-telefon-missbrauch.online

Wir rufen unsere eigenen Gliederungen und Jugendverbände dazu auf, den beschlossenen Prozess der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt zu unterstützen und sexualisierte Gewalt im Prozess der Vorstudie und des beginnenden Aufarbeitungsprozessen zu melden.

Wir setzen uns als Mitträger des Jugendhaus Düsseldorf e.V. für die erneute Überprüfung des Archivs und die Veröffentlichung des Ergebnisses ein.

Wir setzen uns im Jugendhaus Düsseldorf e.V. und in anderen Kontexten dafür ein, dass Veröffentlichungen von Winfried Pilz, sofern möglich, mit einem Hinweis versehen werden. Außerdem entfernen wir Nachrufe, Ehrungen etc. in unseren Publikationen und ersetzen diese durch einen entsprechenden Hinweis.

Wir fordern von den Verantwortlichen in den (Erz-) Bistümern Kooperation und Transparenz, um sexualisierte Gewalt wirksam aufzuarbeiten. Dazu gehört auch die Bereitstellung von Finanzmitteln, die hierfür erforderlich sind. Aus unserer Sicht ist es im Sinne Betroffener dringend erforderlich, dass sich kirchliche Organisationen zukünftig gegenseitig verlässlich und zeitnah Informationen über Mitarbeiter*innen, die sexualisierte Gewalt ausgeübt haben, zur Verfügung stellen.

Düsseldorf, 08. Juli 2022

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